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3.2.2. Die heiligen Zehn Worte (Der Anfang ist geschehen) (GHS 49)

Aktualisiert: 2. Juni

Sind nicht die Zehn Worte schon wegen des Sabbatgebots und des Bilderverbots nur an Israel gerichtet und nicht an uns Menschen aus den Völkern? Orthodoxe Rabbiner habe ich so sprechen gehört. Theologen wie Martin Buber, Schalom Ben-Chorin oder Pinchas Lapide waren offenbar anderer Ansicht. Wenn jüdische Auslegung der Zehn Worte schon in dem zehnmaligen Gott sprach in der Schöpfungsgeschichte den Dekalog angedeutet findet, sind wir wohl berechtigt, sie in den zehn Fingern unserer Hände für alle Menschen geweissagt zu sehen.

Besonders mit Strophe 3 schließe ich mich an Meditationen Dietrich Bonhoeffers zu Psalm 119 an.


1.

Die heiligen Zehn Worte,

die Israel vernimmt,

sind Gottbegegnungsorte,

den Völkern zubestimmt.

Du streckst die Hände aus nach mir,

dass bis in Fingerspitzen

ich Deine Liebe spür.

2.

Lass mich auf Deine Hände,

dass sie mich leiten, sehn,

und meinen Weg ans Ende

bewahrt von ihnen gehn.

Wie Du uns, Gott, erschaffen hast,

so trage unser Leben

ans Ziel mit seiner Last.

3.

Der Anfang ist geschehen,

Du hast ihn selbst vollbracht,

wie Wanderer erspähen

wir ihn in dunkler Nacht.

Ich muss nicht mehr vor ihn zurück;

genug ist, ihn zu wahren,

und darin liegt mein Glück.

4.

Um Deine Mitte kreisen

die Zeiten ruhelos.

Doch hast Du mir verheißen

Frieden in Deinem Schoß.

Mehr als auf unsre Sicherheit

lass uns Vertrauen wagen

auf Deine Ewigkeit.

5.

Du schriebst Dir unsre Namen

in Deine Hand hinein,

als wir ins Dasein kamen,

drum kannst Du mich befrein,

bin ich doch auch Dein Eigentum,

und Deinem Namen Einzig

gehört mein Dank und Ruhm.

6.

Schaff mich, Du ewge Treue,

zum treuen Gottesbild,

dass Wahrheit mich erfreue,

die mir Dein Geist enthüllt.

Was ist doch Deine Freundlichkeit,

wenn wir sie nicht bezeugen

in Wort und Tat und Leid?

7.

Dein Wort ist das all-eine

Licht der Gerechtigkeit.

Mit seinem hellen Scheine

besiegt es Hass und Neid,

bis Menschen und Nationen nicht

mehr andre Götter haben

vor Deinem Angesicht.

8.

Fremd in der Welt, verloren

sind wir, getrennt von Gott;

vor unsern Augen, Ohren,

verbirg nicht Dein Gebot;

dass ich es auch im Dunkel tast,

zeig Deine Schöpferhände

mir heimgekehrten Gast.

Ps 119,18f. 54. 73.


Melodie: Heinrich Schütz 1661, Wohl denen, die da wandeln,

EG 295 (Cornelius Becker 1602)


In Psalm 119,48 heißt es: Ich hebe meine Hände auf zu deinen Geboten, die mir lieb sind.

Auf Michelangelos Bild von der Erschaffung Adams in der Sixtinischen Kapelle nähert sich der menschliche Zeigefinger dem ausgestreckten Zeigefinger Gottes. Gerade dessen Fingerzeig richtet sich gegen die leichtfertige Vorstellung von Gott als einem ehrwürdigen Mannsbild mit wallendem Bart! (Vgl. FIZ 6.2., Seite 279).

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