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Kriegstüchtig werden - ein Dialog zwischen den Generationen (2025)

Ich möchte dich etwas fragen zum Thema „Kriegstüchtig werden“. Nächstes Jahr werde ich 18. Höchstwahrscheinlich bekomme ich dann vom Staat einen Fragebogen zugeschickt. Ich muss entscheiden, ob ich zur Bundeswehr will oder nicht. Soll ich töten lernen, weil das Militär Personalprobleme hat? In den Zehn Geboten steht doch: du sollst nicht töten! 

- Aha! Weißt du übrigens auch, welches Gebot vor Du sollst nicht töten steht?

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.

- Sicher ist ja deinen Eltern wichtig, wie du dich entscheidest.

Wenn ich meine Eltern frage... Meine Mutter ist eher dagegen, dass ich zum Bund gehe. Mein Vater meint, dass wir in Deutschland wehrhafter werden müssen für den Fall, dass die Russen Deutschland als einen NATO Staat angreifen, weil wir die von ihnen überfallene Ukraine mit Waffen und Personal unterstützen. Oder dass sie einen der Nato-Staaten an ihrer Grenze angreifen, weil sie sich von denen bedroht fühlen.

- Was sagen deine Großeltern?

Die haben im Mai dieses Jahr an eine Rede erinnert, die der damalige Bundespräsident vor 40 Jahren gehalten hat. Damals war mein Vater so alt wie ich heute bin.  Wir wollen Freundschaft mit den Völkern der Sowjetunion, hat er gesagt.

- Ich weiß auch noch genau, was er zu den jungen Leute gesagt hat: Lassen Sie sich bitte nicht hineintreiben in Feindschaft gegen andere Menschen, gegen Russen oder Amerikaner, gegen Juden oder Türken, gegen Schwarz oder Weiß. Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander. Fünf Jahre später war die Mauer in Berlin gefallen. Ohne dass Gorbatschow das wollte, wäre das nicht passiert. Und noch einmal zwanzig Jahre danach hat der amerikanische Präsident Obama verkündet, dass man eine  Welt ohne Atomwaffen haben könnte. Und heute, 15 Jahre später? Was ist daraus geworden?

Das war eine Illusion. Das können meine Großeltern nicht fassen. Mein Vater sagt, dass Putin schon vor drei Jahren gedroht hat, im Notfall taktische Atomwaffen in der Ukraine einzusetzen.

- Der Staat kümmert sich nicht drum, was deine Eltern oder Großeltern sagen. Früher gab es die allgemeine Wehrpflicht, die wurde 2011 ausgesetzt. Vielleicht wird das wegen der Gefahr aus Russland rückgängig gemacht. Dann wird das Militär wieder, wie man sagte, die Schule der Nation.

Früher sprach man ja auch vom Vater Staat, und einen Ministerpräsidenten nannte man einen Landesvater. Das ist doch echt vorbei. Wenn sie mir so von oben runter kommen, würde ich mich an die Kirche  wenden. Würde die mir helfen? Du gehörst zu der, du bist Theologe. Was sagst du dazu?

- Da kommt es wirklich sehr drauf an, wen du in der Kirche fragst. Die Mutter Kirche, wie man früher sagte, spricht nicht mit einer Stimme. Als ich 10 Jahre war und längst noch nicht Pfarrer werden wollte, hat meine Kirche ihre Überzeugung grundlegend geändert. 1948 hat die Vollversammlung des ökumenischen Rates in Amsterdam erklärt: „Krieg soll nach Gottes willen nicht sein“. Das war jahrhundertelang überhaupt nicht üblich zu denken. Auch heute nicht überall. Ein junger Christ war verpflichtet, in den Krieg zu ziehen, der für gerecht erklärt war. Das Vaterland verlangt Gehorsam. Die jungen Kerle kämpfen auf dem Feld der Ehre für Gott und Vaterland. Hast Du eigentlich auch noch Luthers Erklärung zum Gebot, die Eltern zu ehren gelernt? Eltern und Herren dienen und ihnen gehorchen?

Nein. Ich habe gehört, dass dieses Gebot eigentlich an Erwachsene gerichtet war, die sich um ihre alten, gebrechlichen Eltern kümmern sollen. In alten Zeiten wären sie sonst dem Hunger und dem Tod preisgegeben gewesen. Das wird ja genau herumgedreht, wenn die Alten von uns Jungen verlangen, unser Leben auf dem Schlachtfeld zu riskieren.

- Ja, man sollte auch wenigstens das Gebot in der Bibel zu Ende lesen, wie es geschrieben steht.

Es fällt mir sogar ein, wie wir es gelernt haben: ... auf dass es dir wohl gehe und du lange lebest auf der Erde. Aha, da gibt es ja einen schreienden Widerspruch. Wie kann mir für das Ehren meiner Eltern, Großeltern und so weiter ein langes Leben versprochen werden, wenn ich es, kaum dass es begonnen hat, auf dem Feld der Ehre als Kanonenfutter anbieten muss?

- In unserem Land kannst du dich weigern, das zu tun. Nicht nur, weil du Angst hast, im Krieg umzukommen, wenn es einmal ernst wird, sondern weil der Frieden der Ernstfall ist. Auf der Erde gibt es viele Vater- und Mutterländer, im Himmel aber ist nur ein Vater, zu dem beten alle Christen auf der Welt. Und nur EINE Mutter Erde. Wir singen ja auch an Weihnachten immer: Ehre sei Gott in der Höhe!  

und Friede auf Erden!  Wer wünscht sich das nicht? Nur ist leider der Himmel unendlich weit weg, Milliarden Lichtjahre.

- Ist auch der Frieden so weit weg? Ist er nicht so nah wie die beiden Hände, die Feinde einander reichen können? Als dein Vater so alt war wie du heute, gab es eine Friedensbewegung. Da haben Hunderttausende mit Menschenketten Hand in Hand demonstriert gegen die Mittelstreckenraketen in Europa. Warum gibt es das heute nicht? Warum sagen wir nicht alle mit einer Stimme: Krieg soll nicht sein!-?

Dann können die einen sagen, wenn sie wollen: Krieg soll nicht sein -  nach Gottes Willen… - Andere sagen: Weil Krieg ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen die Kultur ist. 

- Und die dritten: Um der Erde, unseres Heimatplaneten, um der Natur willen. Vielstimmig. Aber alle haben den gemeinsamen Willen: Nie wieder Krieg!

 

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